Vought F7U: Das wohl schlechteste Flugzeug in der Geschichte der US Navy - WELT (2024)

Geschichte

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Fehlkonstruktionen

Das wohl schlechteste Flugzeug, das die US Navy je hatte

Von Johann Althaus

Veröffentlicht am 20.12.2023Lesedauer: 5 Minuten

Vought F7U: Das wohl schlechteste Flugzeug in der Geschichte der US Navy - WELT (1)

78 Totalverluste bei nur 55.000 Flugstunden: Kein in Serie produzierter Jet hatte eine schlechtere Bilanz als die Vought F7U. Die Kapitäne zweier Flugzeugträger sorgten dafür, dass dieser Typ schnell wieder außer Dienst gestellt wurde.

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An Bord eines Flugzeugträgers ist das Wort des Kapitäns Gesetz. Daher stellte niemand die Entscheidung von Captain Eddie R. Sanders in Frage – obwohl der 46-jährige Karriereoffizier mal eben die Hoffnung der US Navy ausgemustert hatte. Der Wortlaut seines Befehls am 4. November 1955 ist nicht überliefert, aber sinngemäß lautete er wohl: „Schafft mir diesen Schrott von Bord!“

Sanders kommandierte die USS „Hanco*ck“, einen bereits Ende 1951 bis Anfang 1954 modernisierten, inzwischen allerdings schon für den nächsten Umbau vorgesehenen Flugzeugträger der „Essex“-Klasse. Nach dem 25-monatigen Werftaufenthalt verfügte der Träger über zwei der neuen Dampfkatapulte, weshalb ihre Aufgabe die Erprobung neuer Flugzeuge der Navy war. Allerdings hatte sie noch kein abgewinkeltes Landedeck, das erst 1952 konzipiert worden war.

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Als Testträger war auf der USS „Hanco*ck“ seit August 1955 das Flugzeugträger-Jagdgeschwader VF-124 stationiert, ausgestattet mit dem Jet Vought F7U „Cutlass“. Der Typ war eine sogenannte schwanzlose Maschine mit ganz kurzem Heck und zwei auf den Tragflächen angeordneten Seitenrudern, jedoch nicht wie bei Deltaflüglern einer geraden Hinterkante der Tragflächen. Er hatte seinen Erstflug bereits im September 1948 gehabt, doch erst fast sechs Jahre später begann der Probeeinsatz auf Flugzeugträgern – während des Kalten Krieges eine ausgesprochen lange Testphase.

Die Piloten hassten das Modell bald, denn die Unfälle häuften sich. Eine Auswahl: Der zivile Vought-Testpilot Paul Thayer musste sich am 7. Juli 1950 während einer Flugschau aus einem brennenden Prototyp katapultieren. Lieutenant Floyd Nugent stieg am 26. Juli 1954 aus, während seine mit scharfen Waffen bestückte „Cutlass“ fast 30 Minuten über San Diego kreiste, bevor sie abstürzte. Am 11. Dezember 1954 kam Pilot Lieutenant J. W. Hood ums Leben, als die Flügelverriegelung seiner F7U im Flug versagte und der Jet ins Meer stürzte.

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Die Pannenserie ging weiter. Am 30. Mai 1955 fing das linke Triebwerk der „Cutlass“ von Lieutenant Commander Paul Harwell kurz nach seinem ersten Start Feuer. Harwell benutzte den Schleudersitz, überlebte – und flog nie wieder eine F7U. Damit stellte er einen für Navy-Piloten wohl einzigartigen Rekord auf: Harwell hing länger am Fallschirm einer F7U als er die Maschine geflogen war.

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Weniger komisch war, was am 14. Juli 1955 auf der USS „Hanco*ck“ geschah. Während der Vorbereitungstests für den ersten regulären Einsatz des Modells auf dem sechsmonatigen „Törn“ einer Flugzeugträger-Kampfgruppe versuchte Lieutenant Commander Jay Alkire zu landen. Doch er kam zu niedrig herein und konnte wegen zu geringen Schubs (genauer: wegen zu geringer Leistungsreserven der beiden Westinghouse-Triebwerke) nicht mehr hochziehen. Unmittelbar bevor die Maschine am Heck der „Hanco*ck“ aufschlug, in Brand geriet und die Backbordkante des Flugdecks entlang schoss, brachte sich noch der Lande-Offizier mit einem beherzten Sprung in Sicherheit. Weniger Glück hatten Pilot Alkire, der beim Aufprall starb, und zwei Bootsmannsmaate sowie ein Fotograf: Sie wurden von brennendem Treibstoff getötet.

Captain Sanders ordnete eine Untersuchung an, die allerdings zum Ergebnis kam, Alkire habe einen Pilotenfehler gemacht. Vorerst blieb also alles wie gehabt: Die Piloten des Jagdgeschwader VF-124 starteten weiter auf der „Hanco*ck“, flogen ihre Runden und landeten. Allerdings nur bis zum 4. November 1955.

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An diesem Freitag versuchte der 25-jährige Lieutenant George Milliard, auf der „Hanco*ck“ zu landen. Doch der Fanghaken seiner „Cutlass“ erwischte keinen der zwölf Bremsdrähte. Milliard krachte in das gespannte Bremsnetz – doch dabei versagte das zu schwach dimensionierte Bugfahrwerk: Dessen Strebe drückte sich ins co*ckpit und löste den Zündmechanismus des Schleudersitzes aus. Der Pilot wurde 60 Meter nach vorn geschleudert und schlug gegen das Heck einer Douglas A-1 „Skyraider“. Noch am selben Tag starb er an seinen Verletzungen.

Nun hatte der ranghöchste Offizier an Bord der „Hanco*ck“ genug: Captain Sanders ordnete an, dass alle F7U-Maschinen des Geschwaders VF-124 sofort starten sollten und den Rest des „Törns“ seines Trägers am Boden auf der Naval Air Station in Atsugi, Japan zu verbringen hatten.

Ähnlich entschied gut zwei Monate später Captain Andrew McBurney Jackson Jr., der Kapitän des Flugzeugträgers USS „Ticonderoga“: Nach der Bruchlandung einer F7U auf seinem bereits mit dem neuen abgewinkelten Deck ausgestatteten Träger, bei der abermals das Bugfahrwerk versagt und dem Piloten schwerste Rückenverletzungen zugefügt hatte, schickte er sein Jägergeschwader VA-66 auf die Naval Air Station Port Lyautey in Marokko.

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Offiziell blieb der Typ noch bis Februar 1957 in Dienst, kehrte sogar in einer verbesserten Version von April bis September 1957 noch einmal auf die nun auch mit dem Winkeldeck ausgerüstete „Hanco*ck“ zurück, die inzwischen Captain Charles J. Odendhal Jr. befehligte. Doch inzwischen hatten die Ingenieure von Vought bilanzieren müssen, dass die 320 gebauten F7U bei insgesamt nur etwa 55.000 Flugstunden 78 schwere Unfälle mit Totalverlusten zu verzeichnen hatten.

Das bedeutete eine einzigartig schlechte Unfallquote von 141 verlorenen Maschinen pro 100.000 geflogene Stunden – zum Vergleich: Der durchaus zu Recht als „Witwenmacher“ bezeichnete „Starfighter“ verzeichnete nach denselben Kriterien 25,2 Verluste pro 100.000 Flugstunden: weniger als Fünftel.

Von jetzt auf gleich wurden die F7U außer Dienst gestellt und durch das konventionelle Modell Gruman F09F „Cougar“ ersetzt, die an sich kein Jäger, sondern ein Jagdbomber war. Von den etwa 240 Maschinen der „Cutlass“, die nicht abstürzten oder explodierten, wurden die allermeisten verschrottet (und nicht wie außer Dienst gestellte Düsenjets im Kalten Krieg meist zu ferngesteuerten Zieldrohnen umgebaut und „verbraucht“). Nur sechs ehemals flugfähige Exemplare existieren soweit bekannt noch in US-Sammlungen. Captain Eddie R. Sanders hat sich durchgesetzt mit seinem klaren Urteil.

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Dieser Artikel wurde erstmals im Juni 2023 veröffentlicht.

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